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Ein groß angekündigtes Ereignis hielt seit den letzten Tagen die Stadt in Atem. Der anstehende Heimsteinschwur. Natürlich hatten auch einige Kandidaturwillige die Gelegenheit beim Schopfe ergriffen, denn schließlich standen die Wahlen für die Volksmagistrate vor der Tür, und diese Ämter konnten nur von einem Bürger bekleidet werden. Gelasia erfuhr, dass sich unter anderem der Tavernenwirt und Lomerus, der Seemann mit Heilkräften, für das Amt beworben hatten, und daher noch rechtzeitig vor den Wahlen den Schwur abzulegen gedachten.


BLACKWINE IST KEIN SCHWARZER WEIN

Immer wieder musste Gelasia feststellen, wie wenig sie doch über die Kreise der Reichen wusste. Zwar war es manchmal von Vorteil, nicht alles zu wissen. Aber Unwissenheit war in manchen Situationen wirklich ein schwerwiegendes Hindernis.

Nun war ja der Wachmann Vicar schon an ihrem ersten Abend nicht zufrieden mit ihr gewesen, weil sie weder von irgendwelchen Tee- oder Kalana-Zeremonien eine Ahnung hatte, noch von den körperlichen Ertüchtigungen, bei denen eine Sklavin auf den Knien auf dem Boden herum rutschen musste. Dann folgte dieser unheilvolle Morgen, bei der sie der Verwechslungsgefahr gnadenlos in die Falle getappt war.

Blackwine hatte er sich zu seinem Frühstück beordert. Als Gelasia ihm einen Becher mit dem dunkelsten Wein, den sie finden konnte, zu seinem Frühstück serviert hatte, machte Vicar seinem Unmut deutlich Luft. Ob sie denn nicht wisse, was Blackwine sei, fragte er. Nein, das kannte sie bisher tatsächlich nicht, gab sie wahrheitsgemäß zu. In seinem Ärger bellte er sie an, dass es ein heisses Getränk mit Bohnen sei. Er faltete sie so klein mit Kochhäubchen zusammen, dass sie sich sputete, ihm die gewünschten Zutaten an den Tisch zu bringen. Vielleicht war auch sein herrischer Ton, der bei ihm ein Dauerzustand zu sein schien, der Grund dafür, dass Gelasia nur die Hälfte verstanden hatte.

Die besagten Bohnen hatte sie bereits zuvor in einem robusten Leinensäckchen entdeckt, als sie ihre ersten Stunden in der Kochnische zubrachte, um diese auf Hochglanz zu bringen. Schon damals hatte sie sich verwundert gefragt, wozu diese Bohnen gut seien. Sie hatte sie entsorgen wollen, da sie ihr zu nichts nütze schienen. Nur ihrer Neugierde wegen hatte sie sie an Ort und Stelle liegen lassen, um bei nächster Gelegenheit zu erfragen, was es mit diesen seltsamen Bohnen auf sich habe. In der Zwischenzeit hatte sie die Bohnen allerdings wieder vergessen.

Diese Bohnen fand sie jetzt mit einem sicheren Griff und legte sie in ein Schälchen, das heisse Wasser gab sie in einen Becher, und brachte beides hurtig zu ihm an den Tisch. "Ich vermute, Ihr müsst diese Bohnen jetzt gut durch kauen, und mit dem heissen Wasser anschließend nach spülen", erklärte sie fachsimpelnd. Da war es um Vicar vollends geschehen. Wie von einer Tarantel gestochen sprang er auf und verließ wutentbrannt das Haus. Gelasia blieb ziemlich verdattert zurück. 

Lady Tiberia hatte die ganze Sache mit bekommen, und sie danach beiseite genommen. Diese klärte sie über das Missverständnis auf. Blackwine war kein schwarzer Wein. Es war irgendeine bittere Brühe, für die man diese  Bohnen zerstampfen und anschließend mit heissem Wasser aufgießen musste. Gelasia erfuhr außerdem, dass diese Bohnen ein kleines Vermögen wert waren. Nicht auszudenken, was im Hause Crispus los gewesen wäre, wenn sie sie bei ihrer Putzaktion entsorgt hätte!


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