# 25

Viel Zeit war ins Land gegangen. Seit Gelasia Victoria am Vosk verlassen hatte, um ihrer Herrin Lucia auf den Landsitz des Hauses Crispus zu folgen, hatte sich so manches verändert. Sie selbst dümpelte tagein, tagaus mit den üblichen, täglichen Hausarbeiten vor sich hin. Lediglich Besucher brachten ein wenig Farbe in die Eintönigkeit, die sich in den Alltag eingeschlichen hatte. Doch dann herrschte plötzlich helle Aufregung, als aus Lydius die Nachricht vom schwer kranken Vater eintraf.


Die Zustände des väterlichen Hauses in Lydius waren, gelinde ausgedrückt, eine völlige Katastrophe. Zunächst hatte sich Gelasia noch darüber gefreut, dass sie endlich wieder einmal auf Reisen gehen und fremde Städte und Leute kennen lernen konnte. Doch die Freude währte nicht lange. Lucia hatte sie alle vorwarnen lassen. Wohlweislich hatte Gelasia daraufhin jede Menge Vorräte getrockneter Kräuter und weiterer Schätze aus dem crispus'schen Garten sowie ein Dutzend Wurzelbürsten eingepackt. Es war schlussendlich sogar ein Esel vonnöten, um das Reisegepäck zu transportieren.


Der Weg vom Hafen bis hoch in die Stadt Lydius führte in sich windenden Wegen über eine Brücke bis zum Tor, wo sie in barschem Ton von den Wachen empfangen wurden. Gelasia war von Lucia bereits instruiert worden, dass die Stadt inzwischen vom Norden besetzt worden war. Das Klima war in Lydius rauer als sie es aus Victoria kannte, und das schien sich in den strengeren Sitten und Gebräuchen ebenfalls nieder zu schlagen.


Innerhalb der nächsten Tage merkte Gelasia schnell, dass sie sich umgewöhnen musste. Das ständige und korrekte Grüssen war für sie eine ständige Herausforderung. Desöfteren geriet sie in die Zwickmühle, wenn sie in das Dilemma kam, beim Grüssen knien zu sollen, während sie so schon schier unter der Last der frisch besorgten Lebensmittel vom grossen Stadtmarkt zusammen brach. Auch ihre Herrin Lucia schien nicht gerade begeistert davon zu sein, sich mit einem Schleier anfreunden zu müssen.


Die grösste Freude hatte Gelasia an ihren täglichen Marktbesuchen, um appetitliche Zutaten für den nächsten Schmaus zu erhandeln. Lucia legte ausgesprochen viel Wert auf ausgesuchte Kost, und Gelasias Ansprüche fielen keineswegs geringer aus. Das Haus Crispus brüstete sich gerne, die besten Sklaven und Gladiatoren anzubieten, und niemals hätte Gelasia es zugelassen, dass die Ware ihrer Herrin aufgrund einer Mangelernährung an Marktwert verlöre.


Die Auswahl an den Marktständen, wo Waren aus dem Norden und dem Süden aufeinander trafen, zauberten ein Potpourri an Düften, das wie ein schweres Parfüm über dem grossen Platz hing. So kam es sicher auch nicht von ungefähr, dass manch Unterhaltung ins Schwülstige abdriftete. Gelasia sollte dies insofern zum Vorteil gereichen, dass Lucia während eines Gesprächs mit dem ansässigen Schmied grosszügig beschloss, ihr einen ausgefallenen Kragen zu gönnen. Auch wenn dies vermutlich eher dem Umstand zu verdanken war, dass ihre Herrin jede erdenkliche Gelegenheit dazu wahrnahm, nach aussen hin mit dem Reichtum der Crispusse zu protzen. Oder es zumindest so erscheinen zu lassen.


Das galt auch für den Vorgarten, der von wild wuchernden Gräsern nur so strotzte. Tatkräftig wurde der Platz vom Unkraut befreit und mit leuchtend blühenden Pflanzen zu neuer Pracht verholfen. Jeder potentielle Kunde sollte schliesslich schon am Hauseingang auf Glanz und Gloria eingestellt werden, um die Kauf- und Zahlfreudigkeit anzufachen. Auch wenn sich ihre Herrin noch gegen die Konkurrenz würde behaupten müssen: die Zeichen deuteten nach all der Mühsal auf einen erfolgreichen Neuanfang hin.




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